Arbeit attraktivieren

Mehr für alle bewegen

Von mehr Arbeit profitieren alle: Arbeit gibt Sinn und sichert Wertschöpfung. Damit wir uns bestmögliche Zukunftschancen erarbeiten können, sind die richtigen Anreize für Arbeit nötig. Die massive Arbeits- und Fachkräftelücke muss mit einem Mix an Maßnahmen geschlossen werden. Als Wirtschaftsbund setzen wir uns für eine zeitgemäße Arbeits- und Leistungskultur ein. Ein modernes Arbeitsrecht, zukunftsorientierte Formen der Mitarbeiterbeteiligung und ausreichend Gestaltungsräume für die Sozialpartnerschaft sind wichtige Fundamente für Arbeit, die Werte für alle schafft. Eine verpflichtende 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich wäre hingegen der falsche Weg für den Wirtschafts- und Arbeitsstandort Österreich: Sie gefährdet den Wohlstand und die soziale Sicherheit.

Es muss in unserer Gesellschaft wieder attraktiv sein, mehr statt weniger und Vollzeit statt Teilzeit zu arbeiten. Denn dadurch heben wir nicht nur Arbeitsmarktpotenziale, sondern stellen auch die Finanzierung unseres Sozial- und Gesundheitssystems sicher. Ein Schlüssel dazu ist der flächendeckende Ausbau von Kinderbetreuung. Eltern wollen wir dadurch echte Wahlfreiheit zwischen Eigen- und Fremdbetreuung der Kleinsten und neue berufliche Perspektiven ermöglichen. Weitere Potenziale liegen bei älteren Menschen. Für Personen, die über den Pensionsantritt hinaus arbeiten möchten, soll es Erleichterungen und gezielte Anreize geben.

Durch die raschere Wiedereingliederung von Arbeitssuchenden in den Arbeitsprozess wird nicht nur Wertschöpfung gesichert, sondern auch individueller Wohlstand durch höhere Erwerbseinkommen ermöglicht. Mehr Lehrabschlüsse sind nicht nur ein wirksamer Hebel gegen den Arbeitskräftemangel. Die duale Ausbildung ist ein Asset des Standorts, die weiterhin attraktiviert werden muss und ihren Absolventinnen und Absolventen vielfältige Karrieremöglichkeiten eröffnen soll. Österreichs Betriebe brauchen bei der Ausbildung von Lehrlingen bestmögliche Rahmenbedingungen. Um dies zu erreichen, muss auch die betriebliche Lehrstellenförderung ausgebaut werden. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass angehende Lehrlinge eine verlässliche schulische Basisbildung absolviert haben. Österreichs Unternehmen brauchen aufgrund des Arbeits- und Fachkräftemangels natürlich auch qualifizierte und gesteuerte – statt ungesteuerter – Zuwanderung.

Was unsere Arbeits- und Leistungskultur herausfordert

  • Fachkräfte: Schon jetzt gibt es mehr als 200.000 offene Stellen in Österreich. Bis 2040 fehlen unseren Unternehmen zusätzlich bis zu 360.000 Arbeitskräfte. Ohne Fachkräfte können Betriebe Aufträge nicht annehmen und verlieren Marktanteile.
  • Teilzeit: Österreich hat mit 30,5 Prozent eine der höchsten Teilzeitquoten in Europa. Der EU-27-Durchschnitt lag 2022 nur bei 18,5 Prozent. Es bestehen zu wenig Anreize, von Teilzeit auf Vollzeit zu wechseln.
  • Kinderbetreuung: Bei der Betreuung der unter dreijährigen Kinder liegt Österreich mit 29,9 Prozent in Europa auf den hinteren Plätzen. Im EU-Durchschnitt liegt die Betreuungsquote bei 35,9 Prozent und soll bis 2030 auf 45 Prozent gehoben werden.
  • Ältere Arbeitskräfte: Im europäischen Vergleich hat Österreich mit 55,4 Prozent nur einen geringen Anteil an Arbeitskräften über 55 Jahren. Auch hier liegt der EU-27-Durchschnitt mit 60,4 Prozent deutlich höher.
  • Überstunden: 2022 wurden in Österreich rund 193 Millionen Über- und Mehrstunden geleistet – bei rund 7 Milliarden Arbeitsstunden insgesamt. Die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden steigt in Österreich nicht, wie dies eigentlich notwendig wäre.
  • Internationale Arbeitskräfte: Bei der Attraktivität für hoch qualifizierte ausländische Arbeitskräfte liegt Österreich im OECD-Vergleich derzeit nur auf Platz 26 von 38 Ländern. Trotz Weiterentwicklungen der Rot-Weiß-Rot-Karte sind die Verfahren für internationale Fachkräfte noch immer zu aufwendig.

Mehr Teilzeitbeschäftigung bedeutet nicht mehr Freizeit bei gleichen Sozialleistungen, sondern weniger Wertschöpfung und Arbeitsplätze. Es braucht daher wirksame Anreize, um Vollzeitarbeit wieder attraktiver zu machen. Der massive Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, vor allem in ländlichen Gebieten, erleichtert insbesondere Frauen die Vollzeitarbeit. Um Beschäftigung im Alter attraktiver zu machen, braucht es mehr Anreize zum Arbeiten in der Pension. Weil der Arbeitskräftemangel ohne Zuzug aus dem Ausland nicht bewältigt werden kann, braucht es praxistaugliche Maßnahmen für qualifizierte und gesteuerte Arbeitsmigration.

Mehr Vollzeitbeschäftigung bringt Wirtschaftswachstum, sichert Wohlstand und sorgt für eine nachhaltige Finanzierung unseres Sozialsystems. Wer dazu bereit ist, soll entsprechend belohnt werden. Daher wollen wir, dass bei ganzjähriger Vollzeitarbeit zusätzlich zum Urlaubs- und Weihnachtsgeld ein Monatsgehalt steuerfrei gestellt wird. Die Steuerbegünstigung soll im Dezember wirken. Bei einem Median-Einkommen von rund 3.400 Euro würde das einen Entlastungseffekt von mehr als 400 Euro bedeuten. Familiäre Betreuungspflichten sollen dabei entsprechend berücksichtigt werden.

Aktuell kann die Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot (RWR)-Karte ab der Antragstellung bis zu acht oder mehr Wochen dauern. Um die RWR-Karte zu verbessern und anwenderfreundlicher zu gestalten, soll die Verfahrensdauer verkürzt werden: Wir fordern eine Ausstellung innerhalb von 72 Stunden durch die Digitalisierung der Verfahren.

Zudem sind erleichterte RWR-Kriterien (z. B. Öffnung der Mangelberufsliste, Erleichterungen bei der Punktevergabe, Senkung des Mindestgehalts bei „sonstigen Schlüsselkräften“) notwendig, um als Standort im Bereich internationaler Fachkräfte konkurrenzfähig zu sein.

Beim Arbeitskräftemangel steht Österreich im Wettbewerb mit anderen Staaten und muss konkurrenzfähig bleiben. In Deutschland gibt es seit Jahren ein sogenanntes Westbalkan-Kontingent, das den Zuzug von Personen aus diesen Ländern bei einem Arbeitsplatzangebot ermöglicht. Drei der Top-5-Zuwanderungsländer in Österreich sind aus der Westbalkanregion. Österreich ist in all diesen Ländern einer der wichtigsten Auslandsinvestoren und Unterstützer für deren EU-Anbindung. Wir fordern deshalb einen freien Arbeitsmarktzugang für Menschen aus dieser Region. Dadurch würde der österreichische Arbeitsmarkt für Arbeitskräfte attraktiver und Betriebe bekämen einfacher und schneller dringend benötigtes Personal. In Zukunft soll dies auch für Arbeitskräfte aus EU-Beitrittskandidaten-Ländern gelten.